Donnerstag, 12. März 2015

Startschuss ins neue Schuljahr - Festival Internacional de Orquestas Juveniles Sonidos de la Tierra Encarnación 2015


Die Jugendlichen von Semillas Musicales sind aufgeregt, denn heute konnten sie mit offizieller Entschuldigung ihres Konservatoriums eher die Schule verlassen. Warum? Weil wir heute mit vierzig Jugendlichen nach Encarnación fahren um dort am „Mega Concierto“ teilzunehmen und unser Repertoire vorzutragen.

In der reinsten Klassenfahrtsstimmung machen wir uns mit einem klapprigen Colectivo (Reisebus) auf den Weg. Wie das so ist wenn 40 Musiker in einem Bus sitzen wird gesungen, laut und ausgelassen und Gitarre und Geige gespielt.
Der Weg führt uns durch Coronel Bogado, die Stadt der Chipa (ein traditionelles paraguayisches Gebäck mit, unter anderem, Maismehl, Yukamehl und Käse) . Ein Chipero (ein Mann, der Chipa aus einem großen Flechtkorb verkauft, weibliche Form: Chiperita) betritt den Bus und wird fast unter den Jugendlichen begraben, denn jeder möchte eine warme Chipa abbekommen.
In Encarnación angekommen beziehen wir unser Quartier und machen uns sofort auf den Weg zum Seminarort.

Hier probt ein Orchester, dort schlendern zwei Mädchen mit riesigen Harfen vorbei, am anderen Ende laufen Helfer in neon grünen T-shirts gestresst durch die Gegend, Grüppchen von Kindern und Jugendlichen stehen zusammen und quatschen total gelassen. Die ganze Atmosphäre erinnert mich an ein Pfadilager. Hier wird ebenfalls auf dem Boden geschlafen, alle sind gemeinsam unterwegs. Es gibt ein Ziel, dass größer ist als der Einzelne: die Musik, das Orchester zu dem jeder seinen kleinen Teil zu beitragen wird.
Das Seminar beginnt mit einem Umzug aller Musikschulen durch die Stadt, wir sind an Platz 50 und laufen Krach machend mit einer Art Fußballgesang alá: Olé olé olé olé, Semillas, olé!“ Oder: „Se siente, se siente, Semillas esta presente!“ (Man setze sich, man setze sich, Semillas ist da!) durch die Straßen.
Die Chicos von Semillas Musicales

Mit einer Peña (lagerfeuerabendmäßiges Musikmachen) in der Unterkunft endet der erste Tag.

Am nächsten Morgen, mit Chipa und Banane gestärkt, geht es zur Probe des sogenannten Mega Orchesters. Und es ist tatsächlich MEGA! 1200 Musikschüler und Schülerinnen sitzen im Innenhof des Seminarortes hören ihren wechselnden Dirigenten zu und spielen nach ihrer Anleitung. Ich stehe derweil Schlange um für die vierzehn zu spielenden Stücke Noten für alle unsere Instrumente zu besorgen. Ein riesiger Stapel erwartet mich. Mega eben.
Probe des Mega Orchesters unter der Leitung des koreanischen Dirigenten Vakh Jongwhi Pedro

Eine unserer Schülerinnen, Jesica, wurde sogar für das Fernsehen interviewt:
 

Nachmittags haben wir Zeit um uns für unseren Auftritt am Abend vorzu
bereiten und noch ein bisschen zu proben. Es läuft alles gut und so können wir noch dem Strand einen Besuch abstatten, mit vierzig Jugendlichen kein Kinderspiel. Es ist was sehr besonderes, dass alle gemeinsam unterwegs sein können, dass man aus Ayolas heraus kommt und gemeinsam den Strand erleben kann. Traurige Gesichter gibt es also nicht. Ich stehe im nur knietiefen Wasser und mache Fotos:

Cinthya, Maggui, Dahiana, Ara, Lorena, Deborah, Rebeca, Mimi und Maria Fernanda


Der Terere, das eiskalte Mategetränk ist immer dabei, denn es ist unglaublich heiß.
Später schmeißen wir uns in Schale und machen uns wiederum auf den Weg zum Auftrittsort.
Am Abend treten wir dann zwar als eine Gruppe von vielen auf, fallen dennoch vor allem durch unsere Songauswahl auf. Wir spielen den „Happy Blues“ und einen von uns selbst geschriebenen Mix an populären lateinamerikanischen Liedern, der sowohl von Solisten als auch vom Chor gesungen wird. Wir sind die einzige Gruppe die mit Chor auftritt.

Happy Blues
Nach unserem Auftritt gucken wir uns noch die anderen Gruppen an, das Konzert dauert bis Mitternacht. Es ist wirklich bemerkenswert wie gut manche Orchester klingen und was sie aufführen. So bekommen wir ganz viele Ideen für das was wir im nächsten Semester machen wollen.

Am Samstag ist es dann endlich so weit: Das Mega Konzert mit dem Mega Orchester steht vor der Türe. Ich begleite die jungen Musiker und suche mir dann einen Platz in der obersten Reihe der Ränge aus um einen guten Überblick zu haben.


Unter dem Slogan #SUENAPARAGUAY (klinge Paraguay) hat Sonidos de la Tierra seine Schüler und deren Familien eingeladen; und wie es klingt wenn 1200 junge Musiker mit Freude ihre Instrumente erklingen lassen!

Hier eine kleine Hörprobe mit einer Sambagruppe aus Brasilien:















Beim letzten Lied ziehen sich alle ein orangefarbenes T-shirt über, das den Spruch #MUSICAHACEBIEN trägt. Dies ist die neue Kampagne von Sonidos de la Tierra: die Musik macht, dass es uns gut geht, die Musik verbessert unser Leben.
Auf einmal orange.
Unter wunderschönen Nachthimmel genieße ich das Konzert das unser Seminar in Encarnación beendet.

Normalerweise findet hier der Karneval von Encarnación statt.

Das Seminar samt Konzert war der Startschuss für das Schuljahr 2015 im Konservatorium das sehr viele Veränderungen mit sich bringen wird.
Es wird ein neuer Stundenplan für die Tage Montag bis Freitag eingeführt, es kommen neue Lehrer, die eine akademische Ausbildung haben und somit eine bessere Lehre garantieren können.
Das Highlight dieses Jahres wird die Gründung des hauseigenen Orchesters sein. Hierzu werden drei Maestros, wie man hier sagt, der Uni in Asuncion anreisen und einmal im Monat Workshops und eine Orchesterklasse anbieten. Das Trio, bestehend aus einem Uruguayer und zwei Spaniern, nennt sich Caleidoscopio und sie traten schon an unserem Abschlusskonzert der Antidrogenkampagne auf.

Auch meine Unterrichtsvorbereitung läuft auf Hochtouren. Vor ein paar Wochen haben wir eine Lehrerin aus der Nähe von Hohenau (ja, das ist hier in Paraguay) getroffen, die ihre Erfahrung in der musikalischen Früherziehung mit uns geteilt hat und übernächstes Wochenende eine Fortbildung für einige Lehrer anbieten wird.

Das Haus ist also wieder voller singender, lachender, Instrumente spielender Kinder und Jugendlichen, die es nicht erwarten können endlich richtig loszulegen und die nach dem Unterricht gar nicht nach Hause gehen wollen.

Alvaro, Tamara, Mimi, Diogo, Leandro und Jesica




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